Steuerrecht und Prostitution

Einer erfahrenen Anwaltskanzlei, die sich mit dem Steuerstrafrecht befasst, werden immer wieder Fälle angetragen, die sich im Bereich des Rotlichtmilieus ansiedeln. Dieser Wirtschaftszweig wird aus nicht nachvollziehbaren Gründen in einem erhöhten Maß von der Finanzverwaltung „betreut“.

Naturgemäß gibt es in derartigen Betrieben die übliche Problematik, wie wir sie aus allgemeinen steuerstrafrechtlichen Bereichen kennen: der Getränkeverkauf wird nicht ordnungsgemäß dokumentiert, die steuerbegünstigten Zuschläge für Sonntagsarbeit oder Feiertagsarbeit werden nicht dokumentiert, die Frage, ob jede einzelne Buchung tatsächlich eine Betriebsausgabe ist, kann diskutiert werden. Wir verweisen hinsichtlich dieser üblichen Betriebsprüfungsproblematiken auf unsere allgemeine Kompetenz, mit der wir auch alle anderen Verfahren betreuen.

In Ergänzung dieser vorgenannten Probleme schiebt die Finanzverwaltung, oft mit einem immensen Personalaufwand (Razzien mit -zig Polizisten) die Überlegung an, dass gerade in diesem Bereich der Staat einen großen Schaden erleidet. Solche Außenprüfungen, oft in Begleitung der Staatsanwaltschaft, sollen die Hinterziehung von Sozialversicherungsbeiträgen, von Lohnsteuer und insbesondere von Umsatzsteuer aufdecken. Die Hinterziehung von Ertragsteuer kommt an diesen Stellen lediglich als Annex hinzu.

Eine Diskussion über die Sinnhaftigkeit der behaupteten Steuerhinterziehung am Tage der Außenprüfung ist noch keinem Verteidiger geglückt. Der Richter, der den Durchsuchungsbeschluss unterschrieben hat, ist nicht anwesend. Der anwesende Staatsanwalt oder der Leiter dieser Durchsuchungsmaßnahme ist derart von der Richtigkeit seines „Beschlusses“ überzeugt, dass er gar nicht bereit ist, diesen zu diskutieren.

Die Arbeit des Steuerstrafverteidigers setzt jedoch (bestenfalls) schon bei dieser Maßnahme an. In den Zeiträumen nach der Außenprüfung hat er jedoch viel Zeit, um den Behörden der Strafverfolgung und den Steuerbehörden aufzuzeigen, dass die behaupteten Steueransprüche und Ansprüche aus den Sozialversicherungsbeiträgen oft ohne Grundlage sind. Wir haben aus der Vielzahl der von uns geführten Verfahren eine Reihe von Argumentationen kennen gelernt. Unsere Gegenargumentation haben wir in verschiedenen Textblöcken zusammengestellt.

Straftatbestände, die außerhalb des vorgestellten Spektrums des Steuerstrafrechts und der Vorenthaltung von Sozialversicherungsbeiträgen anzusiedeln sind, wollen wir in dieser Besprechung aussparen. § 180a StGB Förderung der Prostitution bzw. Ausbeutung von Prostituierten; § 181a StGB Zuhälterei und auch die Gewaltdelikte verdienen eine gesonderte Besprechung.

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass Prostitution erlaubt ist. Moralisierende Vorstellungen der Strafverfolgung sind daher nicht zu akzeptieren. Die Auseinandersetzung mit dieser Materie muss sich daher sehr deutlich an dem orientieren, was der Gesetzgeber an Materialien zur Verfügung gestellt hat. Die Arbeit des Steuer-Strafverteidigers ist es nicht, sich dazu zu äußern, ob Gesetze zukünftig einen anderen Inhalt haben sollten. Die Arbeit ist einzig und allein, dem Betroffenen auf Grundlage des aktuellen Rechts eine Hilfestellung gegen unrechtmäßige Eingriffe in ihre grundgesetzlich geschützten Rechtspositionen und damit gegen unrechtmäßige Steuerbescheide und drohende unrechtmäßige Strafen zu geben. Das Vertrauen des Bürgers, dass alle Organe des Staates sich an das Gesetz halten, ist ein nicht zu unterschätzendes Rechtsgut. Dieses ist es wert, dass der Verteidiger alle Rechtsmittel verfolgt, um die unrechtmäßigen Angriffe abzuwehren.