Die OECD hat am 24.11.2016 das von ihr im Rahmen des BEPS-Aktionspunktes Nr. 15 „Entwicklung einer multilateralen Vertragsgrundlage für die Umsetzung von BEPS-Maßnahmen“ entwickelte sog. Multilaterale Instrument – „Multilateral Convention to Implement Tax Treaty Related Measures to Prevent BEPS“[1] veröffentlicht. Es handelt sich dabei um einen völkerrechtlichen Rahmenvertrag, mit dem die Unterzeichnerstaaten Ergänzungen ihrer jeweiligen DBA vereinbaren. So sollen langwierige individuelle Anpassungen von einzelnen DBA vermieden werden. Hierzu müssen die Unterzeichnerstaaten zunächst erklären, welche ihrer DBA sie in welchen Punkten anpassen wollen. „Dieses Übereinkommen hat zum Ziel, die steuerabkommensbezogenen Empfehlungen des G20/OECD-Projekts gegen „Base Erosion and Profit Shifting (BEPS)” rasch und möglichst flächendeckend im Abkommensnetzwerk der derzeit fast 100 an seiner Aushandlung beteiligten Staaten zu implementieren. Es soll als mehrseitiger Vertrag bestehende bilaterale Doppelbesteuerungsabkommen ändern, um effektive Maßnahmen zur Verhinderung der Steuergestaltung und -umgehung darin aufzunehmen.“[2]
Neben Auslegungsvorgaben zu bestimmten Ausdrücken enthält das Übereinkommen Regelungen zu Hybride Besteuerungsinkongruenzen (Teil II.), zu Abkommensmissbrauch (Teil III.), zur Umgehung des Betriebsstättenstatus (Teil IV.)[3] sowie zur Streitbeilegung und Schiedsverfahren (Teile V. und VI.). Das Übereinkommen enthält dabei Pflichtelemente (Minimum Standard) und frei wählbare Elemente (durch eine Vielzahl von Vorbehalten und Optionen). Begleitend zu dem Übereinkommen wurde ein „Explanatory Statement“ verfasst.
Das Mehrseitigen Übereinkommens über das Multilaterale Instrument (MLI) wurde bislang von 71 Staaten, darunter auch Deutschland, unterzeichnet;[4] in Deutschland muss ein nationales Ratifikationsverfahren folgen, anschließend muss jeweils auch die Ratifikation der jeweiligen Änderung eines bilateralen DBA erfolgen. Vor Unterzeichnung mussten die teilnehmenden Staaten erklären, welche ihrer DBA sie in welchen Punkten anpassen wollen. Deutschland hat derzeit 35 seiner Doppelbesteuerungsabkommen für eine Modifikation durch das Mehrseitige Übereinkommen vorgesehen[5] (u.a. USA, China, Frankreich, UK, Italien, Mexico, Österreich, Russland, Japan) und will u.a. folgende Regelungen anwenden:
- Mindesthaltedauer von 365 Tagen als Voraussetzung für eine Quellensteuerentlastung bei Dividendenzahlungen („DBA-Schachtelprivileg“),
- Besteuerung von Gewinnen aus dem Verkauf von Kapitalgesellschaftsanteilen und Personengesellschaftsbeteiligungen von Immobiliengesellschaften in dem Staat, in dem die Immobilien belegen sind, sofern der Wert dieser Anteile innerhalb der letzten 365 Tage vor der Veräußerung zu mehr als 50 % unmittelbar oder mittelbar auf in diesem anderen Vertragsstaat belegenem Grundvermögen beruhte,
- keine Betriebsstättenbegründung durch lediglich vorbereitende Tätigkeiten und Hilfstätigkeiten,
- Durchführung eines verbindlichen steuerlichen Schiedsverfahrens nach einem erfolglosen Verständigungsverfahren binnen einer Frist von drei Jahren.
Die von Deutschland für die Anwendung des MLI vorgesehenen DBA werden allerdings nur dann durch das MLI modifiziert, wenn auch der andere Vertragsstaat dieses DBA notifiziert hat.
Die Ratifikation des Mehrseitigen Übereinkommens in Deutschland soll in der kommenden (19.) Legislaturperiode erfolgen. Die ersten Anpassungen an den deutschen Doppelbesteuerungsabkommen („DBA-Umsetzungsgesetz“) könnten bereits ab 2019 anzuwenden sein.[6]
[1] Mehrseitiges Übereinkommen zur Umsetzung steuerabkommensbezogener Maßnahmen zur Verhinderung der Gewinnkürzung und Gewinnverlagerung, Download über die Homepage des BMF unter http://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Gesetzestexte/Gesetzentwuerfe_Arbeitsfassungen/2016-12-21-Uebereinkommen-zur-Verhinderung-von-Gewinnverkuerzung-und-Gewinnverlagerung.html.
[2] So das BMF auf seiner Homepage unter http://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Gesetzestexte/Gesetzentwuerfe_Arbeitsfassungen/2016-12-21-Uebereinkommen-zur-Verhinderung-von-Gewinnverkuerzung-und-Gewinnverlagerung.html.
[3] Zu den Auswirkungen des MLI auf Vertreter- und Lagerbetriebsstätten vgl. Kroniger/Linn, DB 2017 S. 2509.
[4] Die OECD hat auf ihrer Homepage eine Liste der Unterzeichnerstaaten veröffentlicht: www.oecd.org/tax/treaties/beps-mli-signatories-and-parties.pdf.
[5] Pressemitteilung des BMF vom 07.06.2017, veröffentlicht unter http://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Pressemitteilungen/Finanzpolitik/2017/06/2017-06-06-PM17-beps.html.
[6] Pressemitteilung des BMF vom 07.06.2017, veröffentlicht unter http://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Pressemitteilungen/Finanzpolitik/2017/06/2017-06-06-PM17-beps.html.