Nicht die Goldfinger des James Bond, sondern die des Steuerstrafrechts

Die Strafverteidigung im Rahmen der so genannten Goldfinger Modelle ist ein Drahtseilakt für die Aufgabe, einem Strafrichter und einem überzeugten Staatsanwalt zu erklären, dass sich der zu verteidigende Mandant sich steuerlich völlig ordnungsgemäß verhalten hat, obwohl dieser nach der Überzeugung des Staatsanwaltes Rechtsposition ausgenutzt hat, die zu einem strafwürdigen Verhalten geführt haben.

Worum ging es bei diesen so genannten Goldfinger-Modellen?

Es handelt sich dabei um Gestaltungen in die sowohl in Deutschland als auch grenzüberschreitend angewandt werden konnte. Bei den innerdeutschen Ausgestaltungen konnte der Steuerpflichtige seine Steuerlast stunden während bei grenzüberschreitend Gestaltungen eine finale Reduzierung der Steuerbelastung eintrat.

Wie funktionieren die so genannten Goldfinger-Modelle ?

Das Inlandsmodell
Der Steuerpflichtige gründete eine Personengesellschaft im Inland. Diese Personengesellschaft kaufte physisch. Gold. Die für den Goldankauf aufgewendeten Anschaffungskosten stellten als sofort abziehbare Betriebskosten dar und konnten als gewerblichen Verlust geltend gemacht werden. Da die Personengesellschaft als Einnahmenüberschussrechnung ihren steuerlichen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelte war diese nicht zur Buchführung verpflichtet. Das erworbene Gold konnte damit nicht als Teil des Anlagevermögens zuordnet werden. Das tatsächlich vorhandenen Gold konnte auch in keiner anderen Kategorie sei es als Wertpapier oder etwas ähnliches eingeordnet werden Der bloße Ankauf von Gold rückte die Gesellschaft in den Verdacht einer bloß vermögensverwaltenden Tätigkeit. Da die Gesellschaft das Gold jedoch an- und verkaufte konnte ihr eine gewerbliche Tätigkeit nicht abgesprochen werden. Diese gewerbliche Tätigkeit gab der Gesellschaft ihr Gepräge. Eine gewerblich tätige Personengesellschaft (i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG) kann über Umlagevermögen (also die gekauften Goldreserven) verfügen.

Die Personengesellschaft wird transparent besteuert, d.h. ertragsteuerlich wird nicht die Gesellschaft, sondern der einzelne Gesellschafter besteuert Die Verluste, hervorgerufen durch den Goldkauf, verringerten die positiven Einkünfte der Gesellschafter. Durch die Gründung der vorgeschilderten gewerblich tätigen Personengesellschaft wurde die Anwendung des § 23Abs. 1 Nr.2, Abs. 3 EStG vermieden. Dadurch wirkten sich die Anschaffungskosten des Goldes erst im Zeitpunkt des Zuflusses des Veräußerungspreises steuerlich aus. Durch diese zeitliche Verschiebung konnte die Steuerlast durch Anwendung der Gewinnermittlungsvorschrift nach § 4 Abs. 3 EStG gestundet werden.

Das Auslandsmodell
Der Steuerpflichtige gründete im Ausland eine Personengesellschaft. Zweck dieser Personengesellschaft war der Handel mit Edelmetallen. Um den Anforderungen aus dem Cadburry-Schweppes Urteil des EuGH zu erfüllen, verfügte die Gesellschaft über eine Geschäftsführung, über Büroräume mit Computer, Internetanschluss, Faxgerät und eigener E-Mail Adresse im Ausland verfügen. Durch den getätigten An- und Verkauf lag eine gewerbliche, und keine lediglich vermögensverwaltende Tätigkeit vor.

Gewinne und Verluste aus diesen gewerblichen Tätigkeit der Gesellschaft waren aufgrund der Doppelbesteuerungsabkommens (Zuordnung von Unternehmsgewinnen zu Betriebsstätten) im Ausland ertragsteuerlich zu erfassen und zu besteuern. Nach § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. D EStG werden aus dem Ausland stammende gewerbliche Gewinne oder Verluste bei der Bemessung der Höhe des Steuersatzes in Deutschland berücksichtigt. Die Einkünfteermittlung zur Berechnung der Höhe des Progressionsvorbehalts in Deutschland erfolgt dabei nach innerstaatlichem Recht; was keinen Unterschied auslöst. Bei zu berücksichtigenden ausländischen Verlusten wird der Steuersatz dadaurch gemindert, dieses kann bis auf Null-Steuer sinken. Diese Berechnung der ausländischen Verluste um die nagative Progression zu berechnen konnten im Rahmen des Goldfinger Modells mittels Einnahmen-Überschussrechnung ermittelt werden, da eine gesetzliche Verpflichtung zur Buchführung nicht bestand. Der Fall gleicht bei seiner vergleichenden Berücksichtigung dem innerdeutschen Fall. Daher mussten die Anschaffungskosten des Goldes sofort als Betriebsausgabe gebucht werden. Der Handel mit Edelmetallen wurde nicht in den Anwendungsbereich des § 4 Abs. 3 Satz 4 Var. 1 und 3 EStG aufgenommen. In dieser Variante sind Ausgaben im Zeitpunkt des Zuflusses des Veräußerungserlöses oder bei Entnahme im Zeitpunkt der Entnahme als Betriebsausgaben zu berücksichtigen. Es bleibt alo bei der vergleichenden Betrachtung und damit Sind die Anschaffungskosten für das Gold in der Steuererklärung als ausländische Verlust anzuerkennen. Die Steuerlast reduzierte sich damit im Jahr des Kaufes, da über den negativen „Progressionsvorbehalt“ der Steuersatz für das Gesamteinkommen bis auf Null gedrückt werden konnte.

Soweit nun das Gold später tatsächlich verkauft wurde, wurde es dem Umlaufvermögen entnommen. Diese Einkünfte waren aufgrund des Doppelbesteuerungsabkommens in Deutschland von der Steuer befreit und unterlagen noch dem „Progressionsvorbehalt“. Die ausländischen Gewinne machten sich folglich nur insoweit bemerkbar, als dass die Steuersätze für deutsche Einkünfte angestiegen wären. Die Steuerpflichtigen des Golfinger- Modells versteuerten ihre deutschen steuerpflichtgen Einkünfte allerdings in nahezu allen Fällen bereits mit dem Spitzensteuersatz. Wie theoretisce Progression wirkte sich also faktisch nicht aus.

Zurück blieb nur die Gewinnbesteuerung der der ausländischen Unternehmensgewinne. Diese Handelsgewinne waren im Zweifel entweder marginal oder eben durch die Wertsteigerung des Goldes veranlasst.

Das wirtschaftliche Problem
Die Behauptung des Staates lautet, dass durch das sogenannte „Goldfinger“ – Modell dem Staat zwischen 2009 und 2016 mehr als eine Milliarde Euro Steuereinnahmen entgangen sind.

Die Entscheidungen des Bundesfinanzhof zum Goldfinger-Modell
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteilen vom 19. Januar 2017 IV R 10/14 und IV R 50/14 zwei –auch als “Goldfinger-Modelle” beschriebene– Gestaltungen akzeptiert, bei denen Personengesellschaften durch den Ankauf physischen Goldes Verluste aus Gewerbebetrieb erzielt haben. Diese Gestaltungen führen bei den Gesellschaftern zu Steuervorteilen, wenn kein sog. Steuerstundungsmodell vorliegt.

Bei der inlandsbezogenen Gestaltung (inländische Personengesellschaft – „Inlandsfall“ [BFH IV R 10/14]) tritt typischerweise ein “Steuerstundungseffekt” ein. Dieser Effekt entsteht dadurch, dass die Anschaffungskosten für das Gold als sofort abziehbare Betriebsausgaben zu einem gewerblichen Verlust führen, der mit bzw. von anderen positiven Einkünften der Gesellschafter ausgeglichen bzw. abgezogen werden kann. Bei der auslandsbezogenen Gestaltung (ausländische Personengesellschaft – „Auslandsfall“ [BFH IV R 50/14]) kommt es typischerweise zu einer endgültigen Reduzierung der Einkommensteuerbelastung. Dies ist eine Folge des durch die ausländischen Verluste ggf. bis auf Null reduzierten Steuersatzes (sog. negativer Progressionsvorbehalt), dem durch den Verkauf des Goldes in einem späteren Jahr regelmäßig keine oder nur eine geringe Steuersatzsteigerung gegenübersteht.
Die Gestaltungen basieren (verkürzt dargestellt) darauf, dass die Personengesellschaften durch den An- und Verkauf physischen Goldes eine gewerbliche Tätigkeit ausüben, sie ihren Gewinn durch eine Einnahmen-Überschussrechnung ermitteln dürfen und sie dabei die Anschaffungskosten für das als Umlaufvermögen zu qualifizierende Gold sofort als Betriebsausgaben geltend machen können.

Der BFH bestätigte in beiden Fällen die Urteile der Vorinstanzen, wonach im Inlandsfall u.a. entsprechende Verluste (negative Einkünfte) aus Gewerbebetrieb und im Auslandsfall entsprechende negative Progressionseinkünfte festzustellen sind. Er entschied im Inlandsfall, dass eine gewerblich geprägte Personengesellschaft i.S. des § 15 Abs. 3 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG), die nur kraft Fiktion gewerbliche Einkünfte erzielt, Umlaufvermögen haben kann. Im Auslandsfall entschied er, dass auf den An- und Verkauf von physischem Gold die Grundsätze des Wertpapierhandels nicht übertragbar sind; er bejahte aufgrund der Besonderheiten des Goldhandels einen Gewerbetrieb i.S. des § 15 Abs. 2 EStG. Zu beiden Fällen führte er aus, dass die Aufwendungen im Rahmen der Einnahmen-Überschussrechnung für die Anschaffung der Goldbarren nicht nach § 4 Abs. 3 Satz 4 Varianten 1 oder 3 EStG vom sofortigen Betriebsausgabenabzug ausgeschlossen sind.

Aktuelle Gesetzesänderungen
Hinzuweisen ist, daß der Gesetzgeber zwischenzeitlich gegen derartige Gestaltungen vorgegangen. Er hat für Inlandsfälle dem § 15b EStG einen Absatz 3a angefügt. Danach liegt unter den dort näher genannten Voraussetzungen ein Steuerstundungsmodell i.S. des § 15b EStG vor. Verluste hieraus können nicht mehr mit bzw. von anderen positiven Einkünften ausgeglichen bzw. abgezogen werden, sondern sind nur noch mit künftigen Gewinnen aus derselben Einkunftsquelle verrechenbar (erstmals anwendbar auf Modelle, bei denen Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens nach dem 28. November 2013 angeschafft, hergestellt oder in das Betriebsvermögen eingelegt wurden). Für Auslandsfälle hat er zum einen die Vorschrift des § 32b Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 Buchstabe c EStG eingefügt, die bei Ermittlung des anzuwendenden Einkommensteuersatzes einen sofortigen Betriebsausgabenabzug verhindert (erstmals anwendbar auf Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens, die nach dem 28. Februar 2013 angeschafft, hergestellt oder in das Betriebsvermögen eingelegt wurden). Zum anderen hat er § 32b Abs. 1 Satz 3 EStG um die –in allen offenen Fällen anwendbare– Regelung ergänzt, dass § 15b EStG sinngemäß anzuwenden ist.

Strafbarkeit der Goldfinger-Modell Initiatoren und Anwender ?
Trotz der durch den BFH für Altfälle abgesegneten „Goldfinger“-Modelle ermittelt aktuell die Staatsanwaltschaft gegen Steuerpflichtige und Berater, die sich dem „Goldfinger“-Modell bedienten bzw. in diese Richtung beraten hatten, wegen Steuerhinterziehung (vgl. Handelsblatt vom 13.02.2018 „Raus aus der Karibik, rein ins Gefängnis“).

Dreh- und Angelpunkt ist die Frage, ob die Auslandgesellschaften tatsächlich solche sind. Die restriktive Linie der Finanzverwaltung immer alles zu bestreiten und dem Steuerpflichtigen den Beweis, wegen der angeblich gesteigerten Mitwirkungsverpflichtung, aufzubürden führt für sich alleine schon fast zu dem behaupteten Anfangsverdacht einer Steuerstraftat §§ 152 Abs. 2, 160 Abs. 1 StPO. Kommt sodann noch die Kombination mit den Erkenntnissen hinzu, dass die Auslandsgesellschaft kein Fax hatte (wer hat das noch?) ist es schon etwas schwieriger die Frage zu fassen, ab welchem Grad der Organisation eine ausländische Betriebstätte vorlag oder doch nur ein Inlandsfall gegeben war.

In dieser Verteidigung liegt der Schwerpunkt der anwaltlichen Stuer-Strafverteidiger. Es geht nicht nur um objektive Sachverhalte, sondern auch um die Frage, wie der moderne Begriff der Betriebstätte nur noch auszusehen hat. Dieses richtet sich eben nicht nur nach deutschem Steurrecht, sondern nach dem nationalen Recht des anderen Landes sowie um die Frage der Beurteilung nach europäischem Recht. Letztlich geht es auch um die Beurteilung aus der Ebene der OECD, die ihrerseits in den Kommentaren verschiedene Positionen zur Betriebstätte entwickelt hat.

Der Streit um Scheingesellschaften, so ist eine beliebt Etikettierung eines Auslandssachverhaltes durch deutsche Steuerfahnder, ist eben nicht nur um diese Vokabel zu führen.
Wir verteidigen Sie, gerade auch im Internationalen Steuerstrafrecht. Unsere Erfahrung seit mehr als 20 Jahren im Bereich der Steuerhinterziehung ist Garant für die fundierten Beweisanträge und die steuerlichen Facetten der Verteidigung. Sprechen Sie uns an.