In den Art. 6 bis 22 OECD-MA werden Besteuerungsrechte zugewiesen. Abhängig von ihrer Art sind diese Einkünfte nicht nach nationalem Steuerrecht zu sortieren, sondern unterfallen diesen Zuweisungsartikeln. Diese Artikel regeln, welches Land das Besteuerungsrecht hat. Klarzustellen ist, dass diese Artikel niemals rechtsbegründend wirken, sie regeln lediglich die Zuweisung des Besteuerungsrechts. Dieses muss nach dem Recht des jeweiligen Landes bestehen.
Oft konkurrieren die beiden betroffenen Staaten um das Besteuerungsrecht; denkbar ist auch, dass das Besteuerungsrecht zugewiesen wird, es aber national nicht ausgeübt wird.[1]
Hinsichtlich der Formulierung der Zuweisungsrechte bedient sich das Abkommen der folgenden Terminologie:
„… können nur in … besteuert werden …“
Eine Besteuerung darf nur in dem angesprochenen Staat erfolgen. Durch das ausschließliche „nur“ ist daher im anderen Staat eine Freistellung (mit Progressionsvorbehalt) vorzunehmen ist.
„… können in … besteuert werden …“
Diese Formulierung bezieht sich immer auf den Quellenstaat. Sie besagt, dass im Quellenstaat das Besteuerungsrecht auch nach Abkommensrecht bestehen bleibt.
Eine Aussage darüber, ob im Wohnsitzstaat eine Anrechnung oder Freistellung zu erfolgen hat, ist damit nicht verbunden. Dies ergibt sich ausschließlich aus dem Methodenartikel Art. 23A (Freistellung) bzw. Art. 23B OECD-MA (Anrechnung).
Die Einkunftsarten des OECD-Musterabkommens sind differenzierter ausgestaltet als die des deutschen Einkommensteuergesetzes. Letzteres kennt sieben Einkunftsarten: nämlich Einkünfte (1) aus Land- und Forstwirtschaft, (2) aus Gewerbebetrieb, (3) aus selbständiger Arbeit, (4), aus nichtselbständiger Arbeit, (5) aus Kapitalvermögen, (6) aus Vermietung und Verpachtung sowie (7) sonstige Einkünfte.
Das OECD-MA unterscheidet bei den Einkunftsarten wie folgt:
Art. 6 Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen,
Art. 7 Unternehmensgewinne,
Art. 8 Seeschifffahrt, Binnenschifffahrt und Luftfahrt,
Art. 9 Verbundene Unternehmen,
Art. 10 Dividenden,
Art. 11 Zinsen,
Art. 12 Lizenzgebühren,
Art. 13 Gewinne aus der Veräußerung von Vermögen,
Art. 14 Selbstständige Arbeit (aufgehoben),
Art. 15 Einkünfte aus unselbstständiger Arbeit,
Art. 16 Aufsichtsrats- und Verwaltungsratsvergütungen,
Art. 17 Künstler und Sportler,
Art. 18 Ruhegehälter,
Art. 19 Öffentlicher Dienst,
Art. 20 Studenten,
Art. 21 Andere Einkünfte.
Die Regelungen des OECD-MA zu den wesentlichen Einkunftsarten sollen nachfolgend kurz dargestellt werden.
[1] Beispiel: Das Entwicklungsland verzichtet bewusst auf eine Besteuerung des Unternehmensgewinns, weil es Unternehmen anlocken will; der Ertrag aus einer mit der Lohnsteuer, Gewerbesteuer und Umsatzsteuer vergleichbaren Steuer reicht diesem aus.