I. Geltungsbereich und Anwendbarkeit

Abkommensberechtigung

Art. 1 OECD-MA regelt, welche Personen unter das Abkommen fallen, nämlich solche Personen, die in einem Vertragsstaat oder in beiden Vertragsstaaten ansässig sind. Das sind natürliche Personen und juristische Personen. Ein DBA kann Kapitalgesellschaften (z. B. Holding, Kapitalanlagegesellschaften) von der Abkommensberechtigung ausschließen.

Personengesellschaften sind grundsätzlich nicht abkommensberechtigt, können aber durch DBA umfassend oder partiell dazu gemacht werden. Mit Schreiben vom 26.09.2014,[1] welches auf alle offenen Fälle anzuwenden ist, hat das BMF sich ausführlich zu der Anwendung der Doppelbesteuerungsabkommen auf Personengesellschaften geäußert.[2] Demnach ist zwischen Personengesellschaften, die gewerbliche Einkünfte erzielen, und Personengesellschaften mit anderen Einkünften, insbesondere solche aus Vermögensverwaltung, zu unterscheiden. Die Subsumtion der gewerblichen Einkünfte erfolgt nach innerstaatlichem Recht und damit nach § 15 Abs. 2 EStG. Soweit eine ausländische Gesellschaft als Personen- oder Kapitalgesellschaft zu beurteilen ist, richtet sich dieses nach einem Rechtstypenvergleich; im Anhang dieses BMF-Schreibens befinden sich Hinweise für die Einordnung der ausgewählten ausländischen Gesellschaftsform.

Im Grundsatz wird zunächst darauf hingewiesen, dass die Personengesellschaft nach deutschem Verständnis nicht ertragsteuerpflichtig ist, sondern der dahinterstehende Gesellschafter selbst ist die ansässige Person.

Im Weiteren erläutert das BMF-Schreiben die Problematik der Zuordnung von Unternehmensgewinnen der gewerblich tätigen Personengesellschaften und beschreibt für die verschiedenen Einkunftsarten eine Zuordnung zu den verschiedenen DBA-Verteilungsnormen.

Für die Subsumtion der „Ansässigkeit“ als Voraussetzung der Abkommensberechtigung wird auf die jeweiligen innerstaatlichen Kriterien des steuerlichen Wohnsitzes zurückgegriffen. Gleiches gilt für die Frage einer Wohnsitzbegründung oder -verlegung. In Deutschland sind also §§ 8, 9 AO maßgebend. Melderechtliche Vorschriften oder bürgerlich-rechtliche Vorschriften zur Begründung, Beibehaltung oder Aufgabe eines Wohnsitzes sind nach deutschem Recht für den steuerlichen Wohnsitz unbeachtlich.

„Tie-breaker-rule“

Art. 4 Abs. 2 und 3 OECD-MA regelt die Fälle des Doppelwohnsitzes von Personen für die Zwecke des DBA. Die Vorschrift dient der Vermeidung von doppelten Ansässigkeiten und enthält eine zwingende Prüfungsreihenfolge bei der Feststellung der Ansässigkeit einer Person mit Wohnsitz in beiden DBA-Staaten. Absatz 2 der Norm nennt die Entscheidungskriterien bei natürlichen Personen:

–          ständige Wohnstätte

–          Mittelpunkt der Lebensinteressen

–          gewöhnlicher Aufenthalt

–          Staatsangehörigkeit

–          Regelung der Ansässigkeit durch die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten in gegenseitigem Einvernehmen.

Absatz 3 der Norm regelt für andere als natürliche Personen mit Ansässigkeit in beiden Vertragsstaaten, dass diese Personen als nur in dem Staat ansässig gelten, in dem sich der Ort ihrer tatsächlichen Geschäftsleitung befindet.

Unter das Abkommen fallende Steuern

Art. 2 Abs. 1 und 2 OECD-MA regelt, welche Steuern dem Abkommen unterfallen: „Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, die für Rechnung eines Vertragsstaats oder seiner Gebietskörperschaften erhoben werden“, erfasst sind dabei alle Steuern, „die vom Gesamteinkommen, vom Gesamtvermögen oder von Teilen des Einkommens oder des Vermögens erhoben werden, einschließlich der Steuern vom Gewinn aus der Veräußerung beweglichen oder unbeweglichen Vermögens, der Lohnsummensteuern sowie der Steuern vom Vermögenszuwachs“.

Absatz 3 sieht vor, dass die DBA-Staaten weitere, konkret zu benennende Steuern dem DBA unterstellen. Absatz 4 enthält schließlich eine Art Auffangklausel für steuerliche Gesetzesänderungen, nach der das DBA auch „für alle Steuern gleicher oder im Wesentlichen ähnlicher Art, die nach der Unterzeichnung des Abkommens neben den bestehenden Steuern oder an deren Stelle erhoben werden“, gilt.

 Zeitlicher Geltungsbereich

Art. 30 und 31 OECD-MA enthalten Regelungen zu Beginn und Ende der Geltung des DBA. Vorgesehen ist ein Inkrafttreten mit dem Austausch der Ratifikationsurkunden, für die Anwendung der Vorschriften können die DBA-Staaten Regelungen treffen.

Eine Beendigung der DBA-Geltung ist durch Kündigung vorgesehen, dabei schlägt das OECD-MA eine Mindestkündigungsfrist von sechs Monaten zum Ende eines Kalenderjahres vor. Das konkrete Ende der Anwendung der DBA-Vorschriften nach einer Kündigung ist durch die DBA-Staaten konkret zu vereinbaren.

[1] BMF vom 26.09.2014 zur Anwendung der Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) auf Personengesellschaften, IV B 5 – S 1300/09/10003, BStBl 2014 I S. 1258. Dieses Schreiben ersetzt die Vorgängerfassung BMF vom 16.04.2010, BStBl I 2010 S. 354.

[2] Zur Kritik am BMF-Schreiben vom 26.09.2014 und zur Vertiefung der Problematik: Sonnleitner/Winkelhog, BB 2014 S. 473, 477; Rosenberg/Placke, DB 2014 S. 2434.