e) OECD-Masterfile-Konzept: Vorgaben und Ziele

Mit der Neufassung des Kapitel V. der OECD-Richtlinien zur Dokumentation von Verrechnungspreisen vom 05.10.2015 hat die OECD in Umsetzung der BEPS-Maßnahme 13 die Grundlage für das OECD-Masterfile-Konzept geschaffen. Ziel ist die Vereinheitlichung der bereits bestehenden nationalen Dokumentationsvorschriften. Verfolgt wird ein dreistufiger Dokumentationsansatz bestehend aus Masterfile, Localfile und CbC-Template (Country-by-Country-Formular). Die Leitlinien der OECD-Verrechnungspreisdokumentation sind im Wesentlichen:

  • der Fremdvergleichsgrundsatzes ist bei der Preisfestsetzung und der Überprüfung der Fremdüblichkeit zu beachten; insbesondere soll die Preisermittlung im Vorhinein erfolgen (sog. Ex-ante-Ansatz);
  • die Dokumentation muss Informationen enthalten, die eine angemessene Risikoabschätzung und damit die Auswahl von Prüffeldern durch die Steuerbehörden ermöglichen;
  • die Dokumentation muss Informationen enthalten, die eine Prüfung von Verrechnungspreissachverhalten durch die Steuerbehörden ermöglichen.

Das Masterfile ist die Kerndokumentation und enthält standardisierte Informationen, die für alle Unternehmen der Gruppe von Bedeutung sind, wie z.B. Organisationsstruktur, Geschäftsmodell, immateriellen Wirtschaftsgütern, Finanzierungen. Es enthält daneben die Beschreibung aller im Konzern vorhandenen Advance Pricing Agreements und sonstiger verbindlicher Auskünfte durch die Finanzverwaltungen. Das Localfile ist die detaillierte landesspezifische Dokumentation und enthält alle relevanten Informationen für die Verrechnungspreisanalyse konzerninterner Transaktionen zwischen der lokalen Einheit und verbundenen Unternehmen. Das CbC-Template enthält drei Komponenten:

  • eine nach Steuerhoheitsgebieten gegliederte Übersicht über die globale Verteilung bestimmter Kennzahlen wie Umsatz, Gewinn vor Steuern, gezahlte Ertragsteuer, Anzahl an Mitarbeitern, materielle Wirtschaftsgüter, etc. (Tabelle 1)
  • eine nach Steuerhoheitsgebieten gegliederte Übersicht der Geschäftstätigkeit aller Mitglieder der Gruppe enthalten (Tabelle 2)
  • sonstige zusätzliche Informationen (Tabelle 3).

Der User Guide for Tax Administrations and Taxpayers[1] enthält Formulare für die CbCR-Tabellen. Das CbCR-Template ist von Unternehmen mit einem jährlichen Konzernumsatz von mehr als 750 Mio. Euro zu erfüllen. Am 29.06.2016, 05.12.2016 und am 06.04.2017 hat die OECD jeweils weitere Leitlinien zur Umsetzung der länderbezogenen Berichterstattung herausgegeben.[2]

Auf der Ebene der EU wurden die Regelungen zum Country-by-Country-Reporting in der Richtlinie EU 2016/881 vorgenommen,[3] diese sind von den Mitgliedstaaten bis zum 31.12.2016 umzusetzen und sollen ab dem 01.01.2017 gelten.

Mit dem Ersten BEPS-Umsetzungsgesetz[4] wurde das OECD-Masterfile-Konzept sowie das Country-by-Country-Reporting (CbC-Reporting) in das deutsche Recht eingeführt durch Änderungen des § 90 Abs. 3 AO sowie die Einfügung eines neuen § 138a AO. Die Umsetzung des von der OECD empfohlenen Aufbaus von Verrechnungspreis-Dokumentationen findet sich in § 90 Abs. 3 AO n.F. wie folgt wieder:

  1. Stufe Localfile verankert in § 90 Abs. 3 Satz 2 AO n.F.: „Die Aufzeichnungspflicht umfasst neben der Darstellung der Geschäftsvorfälle (Sachverhaltsdokumentation) auch die wirtschaftlichen und rechtlichen Grundlagen für eine den Fremdvergleichsgrundsatz beachtende Vereinbarung von Bedingungen, insbesondere Preisen (Verrechnungspreisen), sowie insbesondere Informationen zum Zeitpunkt der Verrechnungspreisbestimmung und zur verwendeten Verrechnungspreismethode (Angemessenheitsdokumentation).“

 

  1. Stufe Masterfile verankert in § 90 Abs. 3 Satz 3 AO n.F.: „Hat ein Steuerpflichtiger Aufzeichnungen im Sinne des Satzes 1 für ein Unternehmen zu erstellen, das Teil einer multinationalen Unternehmensgruppe ist, so gehört zu den Aufzeichnungen auch ein Überblick über die Art der weltweiten Geschäftstätigkeit der Unternehmensgruppe und über die von ihr angewandte Systematik der Verrechnungspreisbestimmung, es sei denn der Umsatz des Unternehmens hat im vorangegangenen Wirtschaftsjahr weniger als 100 Millionen Euro betragen.“

In § 90 Abs. 3 Satz 11 AO n.F. ist eine Ermächtigung des BMF zum Erlass von Rechtsverordnungen zwecks Konkretisierung von Masterfile und Localfile vorgesehen, die entsprechende Anpassung der Gewinnabgrenzungsaufzeichnungsverordnung ist bereits vorgenommen worden.[5]

Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 4 EGAO n.F. soll die geänderte Fassung des § 90 Abs. 3 AO erstmals für Wirtschaftsjahre gelten, die nach dem 31.12.2016 beginnen.

Die Umsetzung der OECD-Vorgaben zur 3. Stufe Country-by-Country-Reporting erfolgt durch den neuen § 138a AO: „Mitteilungspflichten multinationaler Unternehmen“. Die Vorschrift betrifft Unternehmen mit konsolidierten Umsatzerlösen mind. 750 Mio. Euro im vorangegangenen Wirtschaftsjahr, deren Konzernabschluss mindestens ein ausländisches Unternehmen oder eine ausländische Betriebsstätte umfasst (§ 138a Abs. 1 AO n.F.). § 138a Abs. 2 AO n.F. bestimmt den Inhalt des Reportings, die Gesetzesbegründung erläutert auf Seite 39 einige englischsprachige Positionen des CbC-Reportings. § 138a Abs. 4 AO n.F. beinhaltet die Pflicht einer einbezogenen inländischen Gesellschaft, einen länderbezogenen Bericht zu erstellen und an das BZSt zu übermitteln, wenn die ausländische Konzernobergesellschaft keinen länderbezogenen Bericht übermittelt. Abs. 5 der Norm bestimmt, dass die Sätze 1 bis 4 auch entsprechend für inländische Betriebsstätten eines ausländischen Unternehmens gelten, welches entweder als ausländische Konzernobergesellschaft im Sinne von Satz 3 oder als einbezogene ausländische Konzerngesellschaft in einen Konzernabschluss einbezogen wird.[6]

Das CbC-Reporting ist spätestens 12 Monate nach Ende des Berichtszeitraumes elektronisch an das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) zu übermitteln. Bei verspäteter, unvollständiger oder Nichtabgabe droht ein Bußgeld von bis zu 5.000 EUR (§ 379 Abs. 2 Nr. 1c AO). Die entsprechende Übergangsvorschrift findet sich in § 31 EGAO n.F. Die Anwendung des neuen § 138a Abs. 1, 2, 3, 6 und 7 AO soll erstmals für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2015 beginnen, erfolgen; die Absätze 4 und 5 hingegen erst für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2016 beginnen.

Das BMF hat mit Schreiben vom 11.07.2017 die Anforderungen an den länderbezogenen Bericht multinationaler Unternehmensgruppen veröffentlicht, der (lediglich) technische und administrative Details der Datenübermittlung enthält.[7] Danach ist der länderbezogene Bericht erstmals für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2015 beginnen, zu übermitteln. Eine Übermittlung an das BZSt hat in der von der OECD vorgegebenen XML-Dokumentenversion zu erfolgen. Technische Details ergeben sich aus dem auf der OECD-Internetseite unter “Tax” veröffentlichten “User Guide”.[8]

[1] Country-by-Country Reporting XML Schema: User Guide for Tax Administrations and Taxpayers, http://www.oecd.org/tax/country-by-country-reporting-xml-schema-user-guide-for-tax-administrations-and-taxpayers.htm.

[2] Siehe: http://www.oecd.org/tax/beps/guidance-on-the-implementation-of-country-by-country-reporting-beps-action-13.htm.

[3] Richtlinie EU 2016/881 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU bezüglich der Verpflichtung zum Austausch von Informationen im Bereich der Besteuerung, ABl vom 03.06.2016, L 146/8.

[4] Gesetz zur Umsetzung der Änderungen der EU-Amtshilferichtlinie und von weiteren Maßnahmen gegen Gewinnkürzungen und -verlagerungen vom 20.12.2016, BGBl. I 2016, 3000. Vertiefend zu den verrechnungspreisspezifischen Neuregelungen durch dieses Gesetz s. Schreiber/Greil, DB 2017 S. 10.

[5] Aktuelle Fassung vom 12.07.2017, BGBl. I S. 2367, die erstmals für den Veranlagungszeitraum 2017 anzuwenden ist.

[6] Vgl. die Gesetzesbegründung BT-Drs. 18/9536vom 05.09.2016, S. 39 bzw. 41.

[7] BMF-Schreiben vom 11.07.2017, IV B 5 – S 1300/16/10010 :002, DB 2017 S. 1620.

[8] Derzeit unter http://www.oecd.org/tax/country-by-country-reporting-xml-schema-user-guide-for-tax-administrations-and-taxpayers.htm.