§ 8 Abs. 2 AStG ermöglicht dem unbeschränkt Steuerpflichtigen, der im Sinne des § 7 Abs. 2 oder Abs. 6 an einer Gesellschaft mit Sitz oder Geschäftsleitung in einem EU-Mitgliedstaat oder einem EWR-Vertragsstaat beteiligt ist, nachzuweisen, dass diese Gesellschaft hinsichtlich der betroffenen Einkünfte einer tatsächlichen wirtschaftlichen Tätigkeit in diesem Staat nachgeht und daher keine Zwischengesellschaft für diese Einkünfte darstellt (Gegenbeweis). Dies betrifft allerdings nur diejenigen Einkünfte der Gesellschaft, die durch diese Tätigkeit erzielt werden und auch nur insoweit, als der Fremdvergleichsgrundsatz des § 1 AStG beachtet worden ist.
Voraussetzung für den Gegenbeweis ist, dass zwischen Deutschland und diesem Staat entweder per EU-Amtshilfegesetzes oder einer vergleichbaren zwei- oder mehrseitigen Vereinbarung Auskünfte erteilt werden, die für die Durchführung der Besteuerung erforderlich sind.
Das FG Münster[1] hatte Gelegenheit, die Anforderungen an den Nachweis der „tatsächlichen wirtschaftlichen Tätigkeit“ für eine auf Zypern ansässige Tochtergesellschaft einer inländischen Muttergesellschaft zu konkretisieren. Im entschiedenen Fall das FG den Gegenbeweis nicht als geführt an, weil die Tochtergesellschaft zwar ein Büro und eine Geschäftsführerin auf Zypern hatte, aber im Übrigen nicht gezielt bestimmte Ressourcen im Aufnahmestaat genutzt habe, wie z.B. aufgrund besonders günstiger oder entsprechend ihrer Tätigkeit besonders ausgestatteter Räume, Maschinen, gut ausgebildeten Personals oder besonderer Produktionsbedingungen. Die Ansiedlung der Tochtergesellschaft auf Zypern sei auch nicht aufgrund günstiger rechtliche Rahmenbedingungen, z. B. wegen bestimmter günstiger gesellschaftsrechtlicher Regelungen für eine Unternehmensgründung bzw. Unternehmensführung oder eines günstigen Prozessrechts, erfolgt. Auch habe die Tochtergesellschaft ihre wirtschaftliche Kernfunktion, nämlich den Ankauf, die Verwaltung und die Weitergabe von Buchlizenzen für den russischen Markt, weder selbst von Zypern aus geführt noch das hierfür erforderliche Personal beschäftigt. Die Nähe Zyperns zu Russland bei gleichzeitiger Einbindung in die EU hatte das FG im vorliegenden Fall nicht als objektiv besondere Rahmenbedingung gesehen, sondern lediglich ein subjektives Motiv für die Standortwahl. Es bleibt abzuwarten, ob der BFH[2] diese recht strengen Anforderungen bestätigen wird.
Der Gegenbeweis ist allerdings nicht möglich für die der Gesellschaft nach § 14 AStG zuzurechnenden Einkünfte einer Untergesellschaft, die weder Sitz noch Geschäftsleitung in einem EU-Mitgliedstaat oder einem EWR-Vertragsstaat hat, und auch nicht für Zwischeneinkünfte, die einer Betriebsstätte der Gesellschaft außerhalb der EU oder des EWR-Abkommens zuzurechnen sind.
[1] FG Münster vom 20.11.2015, 10 K 1410/12 F, BB 2016, 2208.
[2] Revision anhängig: BFH I R 94/15.