a) Sachlicher Anwendungsbereich

Vom sachlichen Anwendungsbereich des § 50i EStG erfasst sind Steuerpflichtige als Gesellschafter einer gewerblich geprägten Personengesellschaft (§ 15 Abs. 3 EStG) Betriebsaufspaltungen (§ 50i Abs. 1 Satz 4 EStG), [1] die in einem DBA-Vertragsstaat im Sinne von Art. 4 OECD-MA ansässig sind.

§ 50i Abs. 1 EStG regelt folgende Steuersachverhalte:

Satz 1: Besteuerung von im Ausland realisierten stillen Reserven von Kapitalgesellschaftsanteilen/Wirtschaftsgütern durch Veräußerung oder Entnahme, die vor dem 29.06.2013 steuerneutral auf gewerblich geprägte Personengesellschaften übertragen wurden. Diese stillen Reserven sollen bei späterer Veräußerung oder Entnahme im Ausland – ungeachtet anderslautender DBA-Bestimmungen – in Deutschland besteuert werden, wenn das Recht der BRD hinsichtlich der Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung oder Entnahme dieser Wirtschaftsgüter oder Anteile ungeachtet der Anwendung dieses Absatzes vor dem 1.1.2017 ausgeschlossen oder beschränkt worden ist.[2]

Satz 2: Als Übertragung oder Überführung von Anteilen gilt auch die Gewährung neuer Anteile an einer Kapitalgesellschaft als Gegenleistung für die Einbringung des Geschäftsbetriebs einer Personengesellschaft auf Grund einer Umstrukturierung nach § 20 UmwStG,[3] wenn Recht der BRD hinsichtlich der Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung oder Entnahme der neuen Anteile ungeachtet der Anwendung dieses Absatzes bereits im Einbringungszeitpunkt ausgeschlossen oder beschränkt ist oder vor dem 1. Januar 2017 ausgeschlossen oder beschränkt worden ist.[4] Die zuvor originär gewerblich tätige Personengesellschaft darf nach der Einbringung nur noch gewerblich geprägt oder gewerblich infiziert sein (§ 15 Abs. 3 EStG), anderenfalls greift die Fiktion des Satzes 2 nicht ein.[5]

Die Neufassung von Absatz 1 der Norm durch das Erste BEPS-Umsetzungsgesetz vom 20.12.2016 brachte also eine Beschränkung der Treaty-Override-Wirkung auf „Altfälle“, d.h. auf Strukturen, die vor dem 29.06.2013 begründet wurden und bei denen (ohne § 50i Abs.1 EStG) bis zum Ablauf des 31.12.2016 eine Entstrickung stattgefunden hätte. Die Absicherung des deutschen Besteuerungsrechts hinsichtlich der steuerneutral in § 50i-Gesellschaften überführten Wirtschaftgüter gilt nur bis Ablauf des 31.12.2016. Ab dem 01.01.2017 fällt diese Entstrickungssicherung durch § 50i EStG weg mit der Folge einer unmittelbaren Entstrickungsbesteuerung gemäß § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG und § 12 Abs. 1 KStG.[6] Dasselbe gilt auch für die unentgeltliche Übertragung von Anteilen an § 50i-Gesellschaften  im Wege der vorweggenommenen Erbfolge, denn § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG n.F.[7] wurde mit einem Besteuerungsvorbehalt versehen, wonach bei unentgeltlicher Übertragung eines Betriebs, Teilbetriebes oder Anteils eines Mitunternehmers an einem Betrieb die Wirtschaftsgüter nur mit den Werten, die sich nach den Vorschriften über die Gewinnermittlung ergeben, anzusetzen sind, sofern die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist (dies gilt auch bei der unentgeltlichen Aufnahme einer natürlichen Person in ein bestehendes Einzelunternehmen sowie bei der unentgeltlichen Übertragung eines Teils eines Mitunternehmeranteils auf eine natürliche Person). Diese Sicherstellung der Besteuerung der stillen Reserven erfolgt bis 31.12.2016 durch § 50i Abs. 1 EStG und entfällt ab 01.01.2017. Die Folge besteht auch hier in der (sofortigen) Entstrickungsbesteuerung gem. § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG und § 12 Abs. 1 KStG.[8]

Satz 3: Besteuerung laufender Erträge aus Kapitalgesellschaftsanteilen/Wirtschaftsgütern, die vor dem 29.06.2013 steuerneutral auf gewerblich geprägte Personengesellschaften übertragen wurden.

Satz 4: entsprechende Besteuerung grenzüberschreitender Betriebsaufspaltungen, bei denen Wirtschaftsgüter vor dem 29.06.2013 in das Betriebsvermögen einer (dadurch) gewerblich geprägten Personengesellschaft oder eines Einzelunternehmens steuerneutral eingebracht wurden.[9] Satz 4 ist erstmals auf die Veräußerung oder Entnahme von Wirtschaftsgütern oder Anteilen anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2013 stattfindet (§ 52 Abs. 48 Satz 3 EStG).

[1] Vertiefend: Schulze zur Wiesche, Grenzüberschreitende Betriebsaufspaltung, BB 2013, 2463.

[2] In der ab dem 24.12.2016 geltenden Fassung.

[3] Neu eingefügt durch Gesetz zur Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt Kroatiens zur EU und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 25.07.2014, BGBl I S. 1266.

[4] In der ab dem 24.12.2016 geltenden Fassung.

[5] Bodden, DB 2014 S. 2371, 2372 re. Sp.

[6] Vgl. Ditz/ Quilitzsch, Die Änderungen im internationalen Steuerrecht durch das Anti-BEPS-Umsetzungsgesetz, DStR 2017, 281, 291, 292.

[7] In der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung der Änderungen der EU-Amtshilferichtlinie und von weiteren Maßnahmen gegen Gewinnkürzungen und -verlagerungen vom 20.12.2016, BGBl. I 2016 S. 3000.

[8] Vgl. Ditz/ Quilitzsch, Die Änderungen im internationalen Steuerrecht durch das Anti-BEPS-Umsetzungsgesetz, DStR 2017, 281, 291 f.

[9] Die Erweiterung des Tatbestands auf Einzelunternehmen erfolgte durch das Gesetz zur Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt Kroatiens zur EU und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 25.07.2014, BGBl 2014 I S. 1266.