a) Einleitung

Die gesetzliche Regelung zur Funktionsverlagerung findet sich in § 1 Abs. 3 Satz 9 und Satz 10 AStG. Hierbei handelt es sich um die Voraussetzungen und Rechtsfolgen hinsichtlich des zu versteuernden Wertes einer Funktionsverlagerung. Besteuert wird die betriebliche Funktion, die in das Ausland verlagert wird. Während Satz 9 den Grundsatz bildet, wonach eine zusammengefasste Bewertung der übertragenen Funktion als Ganzes („Transferpaket“) zu erfolgen hat, bildet Satz 10 die Ausnahme, unter welchen Voraussetzungen die Ermittlung aufgrund der sich für die einzelnen übergehenden Wirtschaftsgüter ergebenden Verrechnungspreise („Escape-Klausel“) erfolgen kann. Konkretisiert werden diese Gedanken in der Funktionsverlagerungsverordnung.[1] Kritik erhält diese gesetzliche Konstruktion auf verfassungsrechtlicher Ebene[2] und auf gemeinschaftsrechtlicher Ebene[3] ebenso wie in der Diskussion mit der Vereinbarkeit von DBA-Regelungen[4]. Anzumerken ist, dass diese Regelung nur den Outbound-Fall ergreift.

Der Begriff der „Funktionsverlagerung“ ist definiert in der Funktionsverlagerungsverordnung. § 1 FVerlV enthält in den ersten drei Absätzen Positivabgrenzungen der Funktionsverlagerung, während die Abs. 6 und 7 Negativabgrenzungen enthalten. Eine Funktion wird beschrieben als eine Geschäftstätigkeit, die aus einer Zusammenfassung gleichartiger betrieblicher Aufgaben besteht. § 1 Abs. 3 Satz 9 EStG setzt voraus, dass die Funktion einschließlich der Chancen und Risiken übertragen wird. Diskutiert wird über den Umfang des Begriffs der Geschäftstätigkeit. Die Finanzverwaltung legt diesen Begriff weit aus und ergreift damit insbesondere auch konzerninterne Tätigkeiten.[5] Unklar ist weiterhin die Auslegung des Merkmals der Gleichartigkeit. Der Steuerpflichtige wird bestrebt sein, damit die Dokumentationspflichten ihn nicht erdrücken, einer sogenannten Atomisierung der Funktionen nicht nachzukommen.

Soweit Chancen und Risiken im Wesentlichen beim übertragenden Unternehmen verbleiben, liegt eine Funktionsabspaltung vor. Hier greifen die Regelungen zur Funktionsverlagerung nicht ein.

Auch mitübertragene oder überlassene Wirtschaftsgüter und sonstigen Vorteile werden von § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG erfasst. Soweit fremde Dritte hierfür keine gesonderte Vergütung zahlen würden, können diese nicht gemeint sein.

Die Verlagerung der Funktionen liegt nach § 1 Abs. 2 Satz 1 FVerlV vor, wenn das verlagernde Unternehmen einem anderen, nahestehenden Unternehmen die zuvor beschriebene Funktion überträgt oder zur Nutzung überlässt, damit das übernehmende Unternehmen die Funktion ausübt und dadurch die Ausübung der Funktion durch das verlagernde Unternehmen eingeschränkt ist. Verlagerndes Unternehmen ist der Steuerpflichtige gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 AStG. Das nahestehende ausländische Unternehmen wird über § 1 Abs. 2 AStG definiert; die Verlagerung einer Funktion vom inländischen Stammhaus in die ausländische Betriebsstätte sollen nach Meinung der Finanzverwaltung davon gedeckt sein.

Übertragungsgegenstand ist ein Wirtschaftsgut nebst seinen Chancen, Risiken und Vorteilen, nicht jedoch lediglich die Übertragung von Chancen und Risiken; dies scheitert am Wortlaut des § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG.

Soweit eine Betriebsaufgabe im Inland erfolgt und eine Betriebsneugründung im Ausland vorgenommen wird, liegt kein Fall einer schuldrechtlichen Geschäftsbeziehung vor; es könnte jedoch ein Fall des § 6 Abs. 1 EStG sein. Abzulehnen ist die Anwendung der Regelungen der Funktionsverlagerung bei einer Sitzverlegung vom Inland in das Ausland; auch grenzüberschreitende Umwandlungen dürften den Fall nicht treffen.

Bei einer Funktionsverdoppelung (ähnlich Funktionsneugründung) liegen die Rechtsfolgen der Funktionsverlagerung nur dann vor, wenn es innerhalb von fünf Jahren nach Aufnahme der Funktionen zu einer Einschränkung beim verlagernden Unternehmen kommt, § 1 Abs. 6 Satz 1 FVerlV.

Bei einer Funktionsausgliederung kommen die Rechtsfolgen der Besteuerung zum Tragen; bei einer Funktionsverschmelzung ist dagegen Raum für Argumentation gegen eine Steuer.

Das BMF hat ein umfangreiches Schreiben zu den Grundsätzen für die Prüfung der Einkunftsabgrenzung zwischen nahestehenden Personen in Fällen von grenzüberschreitenden Funktionsverlagerungen herausgegeben, die sog. Verwaltungsgrundsätze Funktionsverlagerung.[6] Kernpunkte des BMF-Schreibens sind:

–          Erläuterungen zu § 1 Abs. 3 Satz 9 bis 12 AStG und zur FVerlV,

–          ergänzende Hinweise und Einzelfragen (z. B. bilanzsteuerrechtliche Folgen, Kapitalertragsteuer, Steuerabzug bei beschränkt Steuerpflichtigen, Umsatzsteuer),

–          besondere Aspekte bestimmter Funktionsverlagerungen (Verlagerung von Produktion, Vertrieb, Forschung und Entwicklung, Einkauf und Dienstleistungen).

[1] Verordnung zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes nach § 1 Abs. 1 AStG in Fällen grenzüberschreitender Funktionsverlagerungen (FVerlV) vom 12.08.2008, BGBl I S. 1680; i. d. F. d. Art. 24 G vom 26.06.2013, BGBl I S. 1809.

[2] Micker, IStR 2010 S. 829 ff.

[3] Micker in: Mössner/Fuhrmann, AStG, 2. Aufl. 2011; § 1 Rn. 342 ff.

[4] Micker in: Mössner/Fuhrmann, AStG, 2. Aufl. 2011; § 1 Rn. 352 ff.

[5] Schreiber in: Kroppen, Handbuch Internationale Verrechnungspreise Funktionsverlagerungsverordnung.

[6] BMF vom 13.10.2010 (Verwaltungsgrundsätze Funktionsverlagerung), BStBl I S. 774.