7.1.5 Rechtsfolgen bei Verstößen

Die Rechtsfolgen bei Verstößen gegen die Mitwirkungspflichten durch den Steuerpflichtigen können in drei Bereiche unterteilt werden: die Ermittlungs- und Beweislastverschiebung, die Schätzung der Besteuerungsgrundlagen nach § 162 AO und die Verwendung von Beugemitteln wie den Verspätungszuschlag (§ 152 AO) oder die Vollstreckung von Auskunftsverlangen nach § 93 AO.

Bezüglich der materiellen Beweislast (Feststellungslast) geht die Unerweislichkeit von steuerbegründenden oder steuererhöhenden Tatsachen zu Lasten der Finanzbehörde, während die Unerweislichkeit steuermindernder Tatsachen zu Lasten des Steuerpflichtigen gehen. Die Beweisführungs- und Ermittlungslast sowie die Aufklärungspflicht liegen grundsätzlich bei der Finanzbehörde (§ 88 AO), wobei die Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen, d.h. die Verantwortung des Steuerpflichtigen für die Sachverhaltsaufklärung immer größer wird, je mehr Tatsachen und Beweismittel der Informations- und Tätigkeitssphäre des Steuerpflichtigen zuzuordnen sind. Bei der Verletzung der Mitwirkungspflicht durch den Steuerpflichtigen (§ 90 AO) wird die behördliche Aufklärungspflicht eingeschränkt, die vollständige Einstellung der Sachverhaltsaufklärung erfolgt nur, wenn der Steuerpflichtige der einzige Wissensträger ist (§ 90 Abs. 2 f. AO).

Die Regelungen zur Schätzung der Besteuerungsgrundlage (§ 162 AO) sehen vor, dass soweit die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann, sie diese unter Berücksichtigung aller Umstände, die für die Schätzung von Bedeutung sind, schätzen kann (vgl. Abs. 1). Gründe für eine Schätzung normiert Abs. 2, so beispielsweise keine ausreichende Aufklärung durch den Steuerpflichtigen selbst mangels Vermögen oder durch Verweigerung oder die Verletzung der Mitwirkungspflichten nach § 90 AO. Schätzt das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen, ist dies also eine Beweiswürdigung aufgrund unzureichender Beweismittel. Die Finanzbehörden haben den für die Entscheidung erheblichen Sachverhalt mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit festzustellen, ein Grundsatz, der mit dem Gesetzmäßigkeitsprinzip aus Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz begründet werden kann. Dennoch kann die einer Schätzung anhaftende Unsicherheit über die Richtigkeit der geschätzten Grundlagen nicht zu Lasten der Finanzbehörden gehen, da der Steuerpflichtige durch sein Verhalten den Anlass für die Schätzung gegeben hat. In der Praxis bedeutet dies abermals, dass Berater des von einer Schätzung betroffenen Steuerpflichtigen allenfalls die Tatsachen, die als Schätzungsbasis herangezogen wurden, anfechten können und hierzu darlegen, dass bei einer Würdigung aller Umstände des Einzelfalls die Schätzung zu einer zu hoch bemessenen Steuerabgabe führt. Es bleibt jedoch grundsätzlich dabei, dass auch bei groben Schätzungsfehlern auf Basis der Verkennung der tatsächlichen Gegebenheiten keine Nichtigkeit der Schätzung anzunehmen ist. Die Ausnahme hiervon bildet der Fall, dass die Finanzbehörde bewusst zum Nachteil des Steuerpflichtigen geschätzt hat, um die Mitwirkungspflichtverletzung zu sanktionieren.

Letztlich kann die Finanzverwaltung als Rechtsfolge der unentschuldigten Pflichtverletzung zu Beugemitteln greifen, um den Steuerpflichtigen zur Einhaltung der Pflichten zu bewegen. § 152 AO normiert die Möglichkeit, einen Verspätungszuschlag von bis zu 10 Prozent der festgesetzten Steuer oder des festgesetzten Messbetrages festzusetzen, der maximal 25.000 € jedoch nicht überschreiten darf (vgl. Abs. 1, Abs. 2). Bei der Bemessung der Höhe des Zuschlags sind neben seinem Zweck, den Steuerpflichtigen zur Abgabe der Steuererklärung anzuhalten, auch andere Faktoren wie die durch die verspätete Abgabe gezogenen Steuervorteile und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen zu beachten. Ein besonderes Merkmal des Verspätungszuschlags ist sein sowohl repressiver als auch präventiver Charakter: er knüpft an ein in der Vergangenheit liegendes falsches Verhalten an und soll für die Zukunft den Steuerpflichtigen zur ordnungsgemäßen Abgabe der Steuererklärungen anhalten.

Daneben enthält § 93 AO neben der Konkretisierung der Mitwirkungspflichten von Beteiligten auch die Ermächtigungsgrundlage für den Erlass eines nach den §§ 328 ff. AO vollstreckbaren Verwaltungsakt: Als Sachaufklärungselemente können von Seiten der Finanzbehörden so Auskunftsersuchen gestellt werden. Hierzu gehören Auskunftsersuchen an andere Personen als die Beteiligten (Sammelauskunftsersuchen) nach Abs. 1a, die Anordnung, dass der Auskunftspflichtige eine mündliche Auskunft an Amtsstelle erteilt (Abs. 5) oder unter bestimmten Voraussetzungen die Anordnung eines automatisierten Abrufs von Kontoinformationen nach § 93b AO (Abs. 7).

Zusammengefasst verpflichtet die Abgabenordnung neben Einzelgesetzen den Steuerpflichtigen zu weitreichenden Mitwirkungspflichten, die nur sehr beschränkt durch Offenbarungs- und Mitwirkungsverweigerungsrechte ausgesetzt werden können. Hingegen ermächtigt das Gesetz die Finanzverwaltung zu umfassenden Maßnahmen, um eine Mitwirkung der Beteiligten zu erzwingen und im Falle der finalen Verletzung der Mitwirkungspflicht wird gesetzlich garantiert, dass hierdurch eine Festsetzung der Besteuerung möglichst in geringem Maße beeinträchtigt wird.