4.4.2 Das Ermittlungsverfahren

Das Ermittlungsverfahren im steuerstrafrechtlichen Bereich ist in den Normen §§ 397 bis 405 AO geregelt. Es ist der erste Verfahrensabschnitt nach Einleitung des Strafverfahrens und dient dazu, mehr über den dem Anfangsverdacht zugrunde liegenden Sachverhalt herauszufinden.

Wie § 397 Abs. 1 AO festlegt, ist das Strafverfahren eingeleitet, sobald die Finanzbehörde, die Polizei, die Staatsanwaltschaft oder der Strafrichter eine Maßnahme trifft, die darauf abzielt, gegen jemanden wegen einer Steuerstraftat vorzugehen. Die Einleitung des Verfahrens durch diese Maßnahme muss sich nach dem Legalitätsprinzip auf zureichende Anhaltspunkte stützen (§ 152 Abs. 2 StPO).

Die auf einem berechtigten Verdacht basierende Maßnahme zur Einleitung des Ermittlungsverfahrens ist ein tatsächlicher Vorgang und kann bspw. in einer Durchsuchung und Beschlagnahmung, einer Festnahme und Verhaftung oder einer Vernehmung des Beschuldigten bestehen. Auch verdeckte Ermittlungen leiten das Strafverfahren ein, eine ausdrückliche Einleitung ist nicht erforderlich.

Der in § 397 Abs. 2 AO vorgeschriebene Vermerk über den Zeitpunkt der Maßnahme im Sinne des Abs. 1 ist kein Merkmal der Verfahrenseinleitung sondern dient der Beweissicherung der verfahrensleitenden Maßnahme und hat rein deklaratorischen Charakter. Wichtig ist die Vorschrift jedoch für die Berechnung der Verjährungsfristen und deren Unterbrechungen.
Auch die in § 397 Abs. 3 AO geforderte Mitteilung über die Einleitung hat für den Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung keine Bedeutung und es liegt folglich in der Entscheidungsfreiheit der Ermittlungsbehörde, wann dem Steuerpflichtigen die Verfahrenseinleitung mitgeteilt wird.

Eine Mitteilungspflicht besteht erst, wenn der Steuerpflichtige zur Mitwirkung an der Aufklärung der Sache aufgefordert wird, weil nach Einleitung des Strafverfahrens seine Mitwirkungspflicht gem. der §§ 136, 163 StPO, § 393 Abs. 1 AO entfällt, worüber der Betroffene im Rahmen der Mitteilung unter anderem zu belehren ist. Ein Verstoß gegen die Belehrungsfrist führt zu einem strafrechtlichen Beweisverwertungsverbot, welches sich auch auf Unterlagen erstreckt, die der Beschuldigte nach Aufforderung in Unkenntnis seiner Rechte vorgelegt hat.

Durch die Einleitung des Steuerstrafverfahrens wird der vom Verfahren betroffene Steuerpflichtige zum Beschuldigten und kann sich auf die ihm nach der Strafprozessordnung zustehenden Rechte berufen: Beispielsweise steht es ihm gemäß des verfassungsrechtlichen Grundsatzes, sich im Verfahren nicht selbst belasten zu müssen („nemo tenetur se ipsum accusare“), frei, die Aussage bzgl. der Beschuldigung und Sache zu verweigern (§ 136 Abs. 1 Satz 2 StPO). Durch die Mitteilung der Einleitung des Verfahrens wird ferner die Verfolgungsverjährung unterbrochen (§§ 78c Abs. 1 Nr. 1 StGB, § 369 Abs. 2 AO). Es gilt zudem zu bedenken, dass nach Bekanntgabe der Einleitung des Strafverfahrens eine strafbefreiende Selbstanzeige nicht mehr möglich ist (§ 371 Abs. 2 Nr. 1b, § 378 Abs. 3 AO).

Das Ermittlungsverfahren selbst wird von der Bußgeld- und Strafsachenstelle (BuStra) geleitet, wobei es wesentlich durch die Tätigkeit der Steuerfahndung geprägt ist, da diese vor Ort ermittelt. Insoweit wird auf die Ausführungen zur Steuerfahndung verwiesen.

Eine Einstellung des Verfahrens kann nach § 153 Abs. 1 Satz 1 StPO, § 398 AO erfolgen, wenn die Schuld des Täters als gering anzusehen ist und kein öffentliches Interesse an der Verfolgung der Tat besteht.