2.5.3 Die subjektive Seite des Tatbestandes des § 370 AO

Eine Straftat besteht aus einem objektiven und einem subjektiven Tatbestand. Die subjektive Seite des Tatbestandes beschäftigt sich mit den Vorstellungen und Absichten des Täters bei Vornahme der (äußeren) Tathandlung.

Damit der Tatbestand der Steuerhinterziehung verwirklicht ist, muss der Täter mit Vorsatz handeln, Eventualvorsatz ist ausreichend. Das heißt, er muss die (äußere) Steuerhinterziehungshandlung gewollt haben und in Kenntnis aller objektiven Tatbestandsmerkmale begehen. Liegt eine solche Vorstellung nicht vor, handelt der Steuerpflichtige fahrlässig (und damit eventuell ordnungswidrig) oder er ist aufgrund sonstiger Gründe (z. B. Irrtum) überhaupt nicht strafbar.

Hinsichtlich der Kenntnis der objektiven Tatbestandsmerkmale lässt die Rechtsprechung gewisse „Unschärfen“ zu. Der Täter muss wissen bzw. die Vorstellung haben, dass ein Steueranspruch existiert, auf den er durch seine falschen bzw. unterlassenen Angaben einwirkt. Nicht nötig ist es, dass der Täter ganz genau weiß, gegen welche konkrete Steuervorschrift er verstößt. Soweit es sich um normative Merkmale des Tatbestandes handelt, ist die sogenannte „Parallelwertung in der Laiensphäre“ ausreichend, um bei dem Täter ein „schädliches“ Wissen zu unterstellen. Hinsichtlich der „steuerlich erheblichen Tatsachen“ ist es also ausreichend, wenn der Täter die Vorstellung hat, dass seine falschen/unterlassenen Angaben für die Berechnung seiner Steuerschuld Bedeutung haben. Welche Steuervorschrift genau einschlägig ist, muss er dagegen nicht wissen.

Auch im Steuerstrafrecht kann es zu einem Irrtum im Sinne der §§ 16, 17 StGB kommen. Der Irrtum kann sich auf die Tatbestandsmerkmale oder auf die Rechtswidrigkeit des Tuns beziehen (Tatbestandsirrtum, Verbotsirrtum).

Ist der in Deutschland unbeschränkt Steuerpflichtige S z. B. der Ansicht, dass Zinsen immer in dem Land besteuert werden, in dem die zugehörigen Effekten verwahrt werden, und gibt er seine ausländischen Zinseinnahmen daher nicht an, stellt dies einen so genannten Tatbestandsirrtum im Sinne § 16 Abs. 1 Satz 1 StGB dar. Denn S wusste nicht, dass der deutsche Fiskus grundsätzlich einen Steueranspruch auf das Welteinkommen hat und S mit seiner (unvollständigen oder unterlassenen) Angabe die Festsetzung dieses Steueranspruchs verhindert hat. Vor Gericht müsste S allerdings überzeugend darlegen, dass er dies tatsächlich geglaubt hat – ein Strafrichter würde faktisch nämlich das Gegenteil annehmen.