Täter einer Steuerhinterziehung durch Tun kann jeder sein, eine Einschränkung wie in den Nr. 2 und 3 findet sich hier nicht. Allerdings kann nur der Täter sein, der tatsächlich auf die Festsetzung einer zu niedrigen Steuer einwirken kann.
Beispiel: Die Eheleute M und F lassen sich immer zusammen veranlagen. Im Jahr 2017 gibt M seine Zinseinkünfte zu niedrig an. F ist das egal, sie gibt ihre Einkünfte korrekt an. M und F unterschreiben gemeinsam die Steuererklärung für 2017. Strafbarkeit der F?
F ist nicht strafbar, allein die Mitunterzeichnung der Steuererklärung macht sie weder zur Mittäterin an Ms Steuerhinterziehung, noch leistet sie Beihilfe.
Die meisten Angaben werden heutzutage schriftlich gegenüber den Finanzbehörden gemacht. Aber auch mündliche Angaben des Steuerpflichtigen z. B. anlässlich einer Vorsprache an Amtsstelle werden von diesem Begriff erfasst. Die Angaben müssen willentlich gemacht werden, wobei zu beachten ist, dass auch stillschweigend willentliche Angaben gemacht werden können. Im Hinblick auf die Einkommensteuer ist der Steuerpflichtige gehalten, seine Angaben durch Ausfüllen der Einkommensteuererklärungsvordrucke mitzuteilen (vgl. §§ 150 Abs. 1, 149 AO).
Beispiel: Füllt der Steuerpflichtige die Anlage KAP zur Einkommensteuererklärung nicht aus und macht er auch keinen Vermerk auf dem Mantelbogen, macht er damit „stillschweigend“ die Angabe: „Ich hatte im betreffenden Veranlagungszeitraum keine Einkünfte aus Kapitalvermögen.“
Die Angaben müssen sich auf Tatsachen beziehen. Nach einer geläufigen Definition aus dem Strafrecht sind Tatsachen alle konkreten, vergangenen oder gegenwärtigen Verhältnisse, Geschehnisse oder Zustände, die einem Beweis zugänglich sind. Problematisch im Bereich des Einkommensteuerrechts ist der Umstand, dass sich die Einkommensteuererklärung, die der Steuerpflichtige ausfüllen muss, nicht auf die reinen Angaben von Tatsachen beschränkt. Schon das Ausfüllen der Steuererklärung setzt voraus, dass der Steuerpflichtige über Kenntnisse des Einkommensteuerrechts verfügt. Der Steuerpflichtige macht in seiner Einkommensteuererklärung daher nicht nur Angaben, sondern er hat bereits seine eigenen steuerlichen Verhältnisse auf Grundlage des Einkommensteuergesetzes analysiert.
Dies führt zu dem Punkt der Unrichtigkeit bzw. Unvollständigkeit der Angaben. Angaben sind dann unrichtig oder unvollständig, wenn sie nicht dem tatsächlichen Sachverhalt entsprechen.
Das Ausfüllen der Einkommensteuererklärung setzt jedoch mehr voraus, als die reine Mitteilung von Tatsachen. Wie ist nun zu verfahren, wenn der Steuerpflichtige zwar alle Angaben machen will, er jedoch aufgrund seiner persönlichen steuerrechtlichen Prüfung zu dem Ergebnis kommt, dass er diese oder jene Tatsache gar nicht, nicht in voller Höhe oder an anderer Stelle etc. angeben muss? Die Gerichte sind in diesem Punkt sehr streng. Sie sind der Ansicht, dass der Steuerpflichtige beim Ausfüllen seiner Erklärung Auffassungen der Finanzverwaltung und die einschlägige Rechtsprechung der Finanzgerichte berücksichtigen muss. Kommt er aufgrund eigener Überlegung zu davon abweichenden Ergebnissen und nimmt dementsprechende Angaben vor, muss er dies gegenüber dem Finanzamt in vollem Umfang mitteilen.
Beispiel: Im Jahr 2000 sitzt S vor seiner Steuerklärung für 1999 und möchte seine „Spekulationsgeschäfte“ aus Wertpapierverkäufen nicht angeben, da er diese für nicht steuerpflichtig hält. Er meint, dass § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG verfassungswidrig ist. S muss die Angabe nicht machen, will er sich jedoch nicht strafbar machen, muss er in einem Begleitschreiben alle Tatsachen der „Spekulationsgeschäfte“ (Ankaufs-, Verkaufsdatum, Preise etc.) angeben und ferner eine Begründung dafür geben, warum er diese Geschäfte für nicht steuerpflichtig hält (z. B. wegen strukturellem Erhebungs- und Vollzugsdefizit bei den Einkünften aus Spekulationsgeschäften).
Diese Vorgehensweise bewahrt S natürlich nicht davor, dass das Finanzamt trotzdem den Vorgang der Besteuerung unterwirft. Er ist jedoch davor sicher, dass ihm eine Steuerhinterziehung vorgeworfen wird.
Die Handlungsalternative der unvollständigen Angabe von Tatsachen gewinnt hauptsächlich in ihrer Abgrenzung zur Steuerhinterziehung durch Unterlassen nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO an Bedeutung. Um dem Tatbestand der Steuerhinterziehung durch Unterlassen einen eigenständigen Anwendungsbereich zu lassen, wird die unvollständige Angabe von Tatsachen darin gesehen, dass der Steuerpflichtige zu einem bestimmten steuerlichen Sachverhalt stillschweigend erklärt, dass er alle Angaben gemacht habe.
Beispiel: S gibt in seiner Einkommensteuerklärung 2017 nur seine Dividendeneinnahmen aus seinen in Deutschland befindlichen Wertpapierdepots an, seine Wertpapierdepots in der Schweiz lässt er weg. Mit der Abgabe seiner Einkommensteuerklärung inklusive der Anlage KAP und AUS hat er stillschweigend erklärt, dass er damit seine Dividendeneinkünfte vollständig angegeben hat.
Da aber die Pflicht zur Abgabe eine Einkommensteuererklärung selbstverständlich die Pflicht umfasst, zu sämtlichen einkommensteuerrelevanten Sachverhalten die nötigen Tatsachen mitzuteilen, kann allgemein der Umkehrschluss gezogen werden, dass das, was (stillschweigend) nicht erklärt wurde, auch nicht stattgefunden hat. Somit liegt im Bereich der Einkommensteuererklärung bei verschwiegenen Einkünften immer ein Fall einer unvollständigen Angabe vor.
Die gemachten Angaben müssen steuerlich erheblich sein. Was steuerlich erheblich ist, hängt davon ab, für welche Steuernorm die Angabe benötigt wird. Damit ist also jede Tatsachenangabe erheblich, die für den Tatbestand der Steuervorschrift erheblich ist.
Die Angaben müssen gegenüber Finanzbehörden oder anderen Behörden getätigt werden. Der Begriff der Finanzbehörde ist in § 6 Abs. 2 AO definiert. Unter anderen Behörden sind sonstige öffentliche Stellen zu verstehen, soweit diesen gegenüber Angaben mit Auswirkungen auf steuerliche Sachverhalte gemacht werden müssen (z. B. gegenüber der örtlichen Gemeinde, welche die Lohnsteuerkarte ausstellt.)